
“Ich wollte wieder Lebensfreude und positive Gedanken haben. Dabei habe ich verschiedene Wege gefunden, wie ich mir selbst helfen kann. Diese Erfahrung möchte ich mit anderen Menschen teilen.“”
AOP Health hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit seltenen Erkrankungen, den sogenannten „Rare Diseases“ zu helfen. Die persönlichen Geschichten von Patienten mit Rare Diseases helfen uns ihre speziellen Bedürfnisse zu verstehen, um neue Therapieoptionen zu erforschen, zu entwickeln und diese auf den Markt zu bringen.
Rare Diseases sind nicht nur körperliche Erkrankungen – PatientInnen werden auch psychisch belastet: Themen wie Akzeptanz, die Suche nach einer kompetenten medizinische Versorgung und oft auch eine soziale Absicherung bestimmen ihren Alltag. Die Schwierigkeiten bestehen vor allem im Zugang zu spezialisierten Zentren, der Diagnostik, der Verfügbarkeit patientengerechter Informationen. Das alles ist im Bereich Rare Diseases eine zeitliche, inhaltliche und finanzielle Herausforderung.
Meine Geschichte
Was sind die ersten Anzeichen der Erkrankung?
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Depressionen: Zu Beginn der Erkrankung sind die Symptome bei vielen Menschen eher unspezifisch. Das war auch bei mir der Fall. Die Diagnose wird dadurch umso schwieriger – bei mir hat es über ein Jahr gedauert, bis PV diagnostiziert wurde.
Wie hat sich Ihr Leben seither verändert?
Ich habe versucht, weiterhin ein normales Leben zu führen. Ich hatte aber – wie viele andere Betroffene – viele negative Gedanken und Angst. Irgendwann dachte ich mir, so geht das nicht weiter. Deshalb habe ich eine Selbsthilfeorganisation für PV-Patienten gegründet.

"Wenn Sie MPN diagnostiziert wurden, dann ist das zuerst eigentlich ein Schock. Das ist nicht nur für die Betroffenen schwierig, sondern für die Angehörigen auch. Man muss plötzlich mit dieser Erkrankung leben lernen. Das ist eine Herausforderung."
"Ich wollte wieder Lebensfreude und positive Gedanken haben. Dabei habe ich verschiedene Wege gefunden, wie ich mir selbst helfen kann. Diese Erfahrung möchte ich mit anderen Menschen teilen."

Warum ist Selbsthilfe wichtig für Betroffene?
Viele Betroffenen werden mit der Diagnose alleine gelassen, viele haben negative Gedanken, Depressionen und Angst. Gleichzeitig sind sie unsicher, weil sie nicht wissen, was diese Krankheit für sie bedeutet. Sich mit anderen über ihre Erfahrungen auszutauschen kann dabei sehr hilfreich sein.
Wie kann man sich solche Treffen vorstellen?
Wir haben immer wieder Treffen, wo Betroffene sich austauschen können. Es kommen auch viele Angehörige mit. Auch für sie ist es wichtig, Fragen zu stellen. Sie wollen mehr über die Erkrankung und die Beschwerden erfahren. Zukünftig wollen wir auch Ärzte einladen.

"Es ist kaum vorstellbar, welche positiven Emotionen bei den Treffen hochkommen. Viele sind unglaublich froh, dass sie nicht alleine sind."
"Es gibt Menschen, die nach der Diagnose schnell wieder positiv durch das Leben gehen, bei anderen dauert es hingegen mehr als zwei, drei Jahre. Es gibt Menschen, die keine Ahnung haben, wie sie das machen sollen, aber sie wollen es schaffen. Das erste Ziel unserer Selbsthilfegruppe ist immer Information und Erfahrungsaustausch."

Welche Informationen brauchen Betroffene aus Ihrer Sicht?
Im deutschsprachigen Raum gibt es kaum Informationen über PV, die für die Betroffenen verständlich aufbereitet sind. Dabei geht es nicht nur um die Erkrankungen selbst, sondern auch um Wissen zur Prävention: Was kann man zusätzlich noch machen, welche Risikofaktoren gibt es?
Expertenmeinung
Prof. Dr. Dominik Wolf hat langjährige Erfahrung mit der Behandlung von PV-PatienteInnen Der Spezialist für Hämatologie und Onkologie spricht über die Ursachen der seltenen Erkrankung und erklärt, worauf es bei der Diagnose ankommt.

“Das Blutbild ist für die Diagnose von Polycythemia Vera entscheidend. In dem Moment, in dem das Blutbild verändert ist und der Patient oder die Patientin einen deutlich erhöhten Hämatokritwert, oder andere Hinweise auf erhöhte Blutkörperchenwerte aufweist, sollte er oder sie zur strukturierten Aufarbeitung an einen Blutspezialisten überwiesen werden.“
Wie kommt es nach dem Blutbild zur Diagnose von PV?
In Speziallabors kann durch molekularbiologische Methoden eine JAK2 Mutation nachgewiesen werden. Wenn diese neben einem erhöhten Hämatokritwert vorliegt – und das ist bei 95% der Betroffenen der Fall – ist die Diagnose einer Polycythemia Vera sehr wahrscheinlich.
Der nächste Schritt ist eine Knochenmarkspunktion, um die myeloproliferativen Neoplasien, die teilweise überlappend sind, dingfest zu machen. Damit kann neben der Beurteilung der Blutzellreihen auch der Fibrosegrad im Knochenmark bestimmt werden. Wichtig ist vor allem, sich an einen Spezialisten zu wenden.
"Wenn ich jetzt einen PV Patienten sehen würde, oder eine PV Patientin, die eine Neudiagnose gerade bekommen hat, die am Boden ist, in der Regel, dann kann man sagen, es gibt drei Dinge, die man sich eigentlich vergegenwärtigen sollte.
1. Man kann positiv nach vorne blicken - die Erkrankung ist sehr gut behandelbar.
2. Man sollte sich, um die beste Behandlung zu finden, einen Blutspezialisten suchen, den man vertraut.
3. Informieren und offen reden. Informieren kann man sich über Netzwerke, vor allem unter Patienten, oder auch über Patiententage. Das hilft auch sich zu einem kompetenten Patient oder Patientin zu entwickeln. Das erleichtert die Kommunikation mit dem Arzt um letztlich langfristig zufrieden und mit dieser chronischen Erkrankung leben zu können.“."

Kennen Sie die Ursache der Erkrankung?
Polycythemia Vera ist eine Erkrankung des Knochenmarks. Dabei kommt es durch eine genetische Veränderung in der Erbsubstanz, der sogenannten JAK2 Mutation, dazu, dass zu viele Blutkörperchen – insbesondere zu viele rote Blutkörperchen – aber gelegentlich auch zu viele Blutplättchen oder weiße Blutkörperchen gebildet werden. Der Motor läuft sozusagen mit zu hoher Umdrehung. Im Allgemeinen wird das als Myeloproliferation bezeichnet. Die PV ist eine Subgruppe dieser myeloproliferaten Erkrankungen.
Univ.-Prof. Dr. Dominik Wolf

Univ.-Prof. Dr. Dominik Wolf ist Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin V für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Innsbruck. Einer seiner Schwerpunkte liegt auf Myeloische Neoplasien (MPN und akute Leukämie). Der Spezialist hat daher langjährige Erfahrung in der Therapie von PV-Patienten. Darüber hinaus forscht Dr. Wolf seit vielen Jahren zu Leukämie-Erkrankungen und gilt als Experte auf dem Gebiet der Tumorimmunologie.