Opioid-induzierte Atemdepression
Die Atemdepression ist die schwerste und gefährlichste Nebenwirkung der Opioidanwendung und auch die Ursache der meisten Todesfälle durch Opioide. Es gibt jedoch Gegenmittel. Entscheidend ist es, die Atemdepression rechtzeitig zu erkennen.
Ursache
Die Wirkung von Pflanzen, die Opiate (besser: „Opioide“) enthalten, ist der Menschheit schon sehr lang bekannt. Auch die moderne Medizin macht sich die Wirkung von Opioiden als potente Analgetika zunutze – sie werden einerseits bei starken, chronischen Schmerzen eingesetzt, andererseits routinemäßig auch in der Anästhesie.
Natürliche Opioide werden aus dem Schlafmohn gewonnen. Es gibt jedoch auch halbsynthetische und gänzlich synthetische Opioide. Seit 1970 weiß man, dass der menschliche Körper zumindest drei unterschiedliche Typen von Opioidrezeptoren besitzt, die mit den griechischen Buchstaben Delta, Kappa und Mü bezeichnet werden. Diese Rezeptoren sind in unterschiedlicher Verteilung und Dichte sowohl im zentralen als auch im peripheren Nervensystem vorhanden und erklären die unterschiedlichen Wirkungen von Opioiden.
Eine der Hauptgefahren beim Einsatz von Opioiden ist die Atemdepression, d.h. die Verlangsamung bis gänzliche Unterdrückung des physiologischen Atemreflexes. Die Atemdepression wird durch My-Rezeptoren im Atemzentrum des Hirnstamms vermittelt.
Symptome
Schon bei normalen Dosierungen von Opioiden bei Gesunden ist eine gewisse (aber noch nicht gefährliche) Wirkung auf das Atemzentrum gegeben. Bei hohen Dosierungen (insbesondere auch, aber nicht ausschließlich, bei intravenöser Gabe) beginnt die Atemfrequenz abzunehmen, die Ausatmung wird verzögert, der Atemrhythmus wird irregulär. Schließlich kann es zum gänzlichen Atemstillstand kommen.
Im Zuge der Aufhebung einer Atemdepression kann ein akutes Atemnotsyndrom („Acute Respiratory Distress Syndrome“ – ARDS) entstehen. Dieses äußert sich durch Rasselgeräusche über der Lunge, Sauerstoffmangel und manchmal auch durch schaumigen Auswurf. Die Ursache für das ARDS in dieser spezifischen Situation ist unklar.
Diagnose
Hier geht es vor allem um die Frage, ob eine Intoxikation durch ein Opioid vorliegt oder eine andere Ursache besteht. Es gibt eine Menge Medikamente und andere Substanzen, die zur Ausbildung eines Komas führen können, wie z.B. Äthanol, Clonidin und verschiedene Sedativa. Letztere verursachen aber deutlich weniger Atemdepression als Opioide.
Schwierig ist die Diagnostik dann, wenn gleichzeitig Opioide und andere relevante Substanzen eingenommen wurden. Hier ist allerdings eine genaue Anamnese wichtig. Und die Verabreichung eines Opioidantagonisten zeigt, wenn sie wirkt, dass es sich um eine Opioidintoxikation gehandelt hat. Eine Blutzuckerbestimmung sollte jedenfalls gemacht werden, um eine Verwechslung mit einer Hypoglykämie auszuschließen.
Behandlungsrichtlinie
Im Sign-In Bereich finden die Fachspezialisten einen Überblicksartikel zu Inzidenz, Reversierung und Prävention von Opioid-induzierter Atemdepression unter:
https://pubs.asahq.org/anesthesiology/article/112/1/226/10219/Incidence-Reversal-and-Prevention-of-Opioid